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Christian Morgensterns Irrtum, Gott sei Dank, die Überphysiker

Von Christian Schröter, 4. Juni 2022, Lesedauer 5 Minuten, 47 Sekunden

Christian Morgensterns Irrtum, Gott sei Dank, die Überphysiker

Der kluge Christian Morgenstern sagte einst: »Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt«. Was er damit sagen wollte, liegt auf der Hand und dürfte jedem klar sein. In Wirklichkeit wäre das jedoch das Beste, was dem Menschen passieren könnte. Denn Tiere haben kein Ego und kennen deshalb beispielsweise auch keine Rache. Sie folgen lediglich ihrer Natur.

Die traurige Wahrheit

»Weh dem Menschen, wenn nur ein einziger Mensch im Weltgericht sitzt«.

Die Überphysiker

In der Physik weiß man weniger als man glaubt. Deutlich weniger. Es ist noch nicht einmal klar, was es bedeuten soll, etwas zu »wissen«. Jedenfalls gibt es in der Natur das Prinzip des Gleichgewichts. Alles befindet sich im Gleichgewicht – und wenn nicht, dann findet ein Ausgleich statt.

Das gilt auch für Interessen. Sie müssen ausgeglichen und nicht durchgesetzt werden. Denn Letzteres würde bedeuten (müssen), das andere Interesse zu eliminieren, zu vernichten, auszulöschen. Etwa indem man es durch ein überwiegendes (vermeintliches) Interesse ersetzt, verbietet, oder eben auslöscht.

In der Natur ist das nicht denkbar. In der Natur verschwindet nichts. Alles gleicht sich früher oder später aus, damit die Gleichung aufgeht. Es mag überraschend klingen, aber es ist so: Wenn etwa ein Bakterium zufällig als blinder Passagier eines Satelliten in den Orbit geschossen (!) wird, und die Erde umkreist, dann kreisen in Wirklichkeit dieses Bakterium und die Erde um einen gemeinsamen Schwerpunkt – es kreist nicht einfach nur das Bakterium um die Erde. Freilich ist dieser gemeinsame Schwerpunkt in diesem Fall fast zu 100 Prozent deckungsgleich mit dem Schwerpunkt der Erde. Aber eben nur fast. Der Unterschied ist nicht messbar, noch nicht einmal vorstellbar, aber er ist vorhanden.

Die Mathematik ist (noch?) nicht in der Lage, sogenannte »Mehrkörperprobleme« mit mehr als 2 beteiligten »Körpern« exakt zu berechnen (bekannt ist das »Dreikörperproblem«). Man kann sich dem lediglich nähern. Insbesondere ist das auch aus der CFD bekannt (Computational fluid dynamics). Die Natur hat dieses Problem nicht, denn solche Dynamiken finden einfach statt.

Eine Hoffnung liegt hier in Quantencomputern. Sie können wahnwitzig schnell sehr gute Näherungen liefern, und sind zur »Berechnung« solcher und ähnlicher Dynamiken geeignet. Allerdings liefern sie prinzipiell keine absolut exakten Ergebnisse. Und die Näherungen sind lediglich in der Gesamtbetrachtung sehr gut und praktikabel.

Würde man etwa das Bankwesen mit einem Quantencomputer stattfinden lassen, so wäre das alles sehr, sehr schnell, und im Großen und Ganzen würden die Zahlen annähernd stimmen. Nicht ganz stimmen, aber annähernd. Im Einzelfall würde es jedoch Abweichungen geben (die sich in der Gesamtbetrachtung ausglichen). So würden beispielsweise einige Überweisungen um Centbeträge abweichen. Sehr wenige sogar um sehr hohe Beträge oder vollständig (nach oben oder nach unten, was sich in der Gesamtbetrachtung eben ausgliche). Damit könnte man natürlich nichts anfangen. Für solche Anwendungen wären Quantencomputer völlig ungeeignet. Im Finanzwesen wären sie dennoch hilfreich – etwa bei Börsengeschäften, wenn es darum ginge, Voraussagen zu machen.

Der Mensch als Überphysiker glaubt nun, das oben beschriebene Gleichgewicht dennoch zu seinen Gunsten beeinflussen zu können. Indem er etwa das erwähnte Bakterium mit Masse beliefert, sodass es die Erde stärker anzieht (das Bakterium soll hier lediglich einen sehr großen Kontrast verdeutlichen und steht nicht sinnbildlich für irgendetwas). So funktioniert aber die Natur nicht, denn beide Körper ziehen sich gleich stark an – wenn das Bakterium die Erde stärker anzieht, dann zieht die Erde das Bakterium eben auch stärker an. Es gibt keinen Sieger. Gegen das Herunterfallen kann sich das schlaue Bakterium nur dadurch wehren, dass es die Erde umkreist, und die Anziehung durch die Zentrifugalkraft ausgleicht. Kreativität und Ausgleich sind gefragt. Nicht Masse.

Lediglich Schwarze Löcher »siegen«, wenn sie sich alles, was in sie hineinfällt, einverleiben. Verschwinden tut es nicht, es wird lediglich der Singularität im Inneren hinzugefügt, die eine wahnwitzige Masse haben kann, aber deren räuräumliche Ausdehnung kleinstmöglich ist (ein Quant, man nennt es »Quantensingularität«). Rein mathematisch hat eine Singularität überhaupt keine räumliche Ausdehnung. Das ist aber aus Gründen der Logik nicht möglich und auch in sich widersprüchlich, denn dann könnte sie auch keine bestimmbare Position in Relation zu irgendetwas haben, dann wäre allein diese Vorstellung absurd. Sie hat aber eine bestimmbare Position (muss sich natürlich an dieser Stelle auch der Heisenbergschen Unschärferelation unterwerfen). Alles muss zwangsläufig »abzählbar« sein (ein mathematischer Begriff), also muss auch alles gequantelt sein. Das Einzige, was nicht abzählbar ist (»überabzählbar«), ist »Alles«. Es ist aber nicht »Alles«, wie wir erleben und wissen (es ist auch nicht »Nichts«, weil auch das nach dem Gesetz der Logik nicht möglich ist).

Und der bekannte Astrophysiker Stephen William Hawking hat sogar dargelegt, dass sogar Schwarze Löcher verschwinden könnten (»Hawking Strahlung«). Die Idee ist bestechend und plausibel. Sie steht allerdings im Widerspruch zu Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Demnach können sie eben aus Sicht des übrigen Universums (also von außen betrachtet) eben nicht verschwinden, denn die Zeit steht (von außen betrachtet) ab dem Ereignishorizont still. Der Widerspruch tritt schon auf, wenn sich ein Schwarzes Loch irgendetwas »einverleibt«. Zum Einen bleibt es (von außen betrachtet) am Ereignishorizont hängen und überschreitet ihn niemals, denn die Zeit steht (von außen betrachtet) ab dem Ereignishorizont still. Andererseits erhöht es aber wie wir wissen eben doch die Masse der Singularität im Inneren des Schwarzen Lochs, was sich messen lässt. Das ist ein Widerspruch. Es ist aber beweisbar, denn würde es tatsächlich am Ereignishorizont hängenbleiben, dann könnte es die Masse der Singularität nicht erhöhen, dann würde sich aber der Ereignishorizont auch nicht vergrößern. Das ist ein dramatischer Widerspruch. Dem könnte man entgegenhalten, dass sich der Ereignishorizont selbst dann eben als Masse darstellt, die dann vergrößert wird, ihn ihn dann erweitert – aber dann wird das ganze Konzept dramatisch absurd und hinfällig. Das wäre völliger Nonsens. Das alles beweist allerdings, dass es eben doch so etwas wie eine »absolute Zeit« geben muss, beziehungsweise, dass »Zeit« lediglich ein Phänomen ist (zumal es keinerlei Bezugsgröße gibt). »Zeit« ist aus menschlicher SIcht lediglich etwas »Gefühltes«, etwas subjetkiv empfundenes. Nüchtern betrachtet wissen wir lediglich, dass »Zeit« gequantelt sein muss, denn wäre sie das nicht, würde entweder gar nichts stattfinden, oder alles würde gleichzeitig (in »Nullzeit«) stattfinden. Was freilich aufs Gleiche hinausliefe.

Der Antihering in Gütersloh ist ebenfalls ein Überphysiker

An Heringen könnte man sich ein Beispiel nehmen. Sie leben so vor sich hin, haben keine Anführer, keine Egos, führen keine Kriege, begehen keine Verbrechen, man ist – als Hering – soweit zufrieden. Sogar ästhetisch ist die Dynamik eines Heringsschwarmes ansehnlich. Mehr … 

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