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Philosophischer Laienarbeitskreis: Gefängnisse werden ihrem Resozialisierungsanspruch immer seltener gerecht

Von Christian Schröter, 14. Oktober 2022, Lesedauer 2 Minuten, 47 Sekunden

Philosophischer Laienarbeitskreis: Gefängnisse werden ihrem Resozialisierungsanspruch immer seltener gerecht

  • Konstanz, 14. September 2022
     
    »Es braucht ein vollkommen neues Verständnis von Strafe und Buße, um erfolgreich wiedereingliedern zu können.«

Der Sprecher des Philosophischen Laienarbeitskreises, Dennis Riehle (Konstanz), veröffentlicht nach Beratungen des Gremiums angesichts der auch in Haftanstalten um sich greifenden Teuerungskrise und wachsender Missstände folgende Stellungnahme zur #Modernisierung des #Strafvollzugs

Während außerhalb der »Schwedischen Gardinen« manche Menschen nicht mehr wissen, wie sie die laufenden Kosten begleichen sollen, haben sich auch in Justizvollzugsanstalten Regelsätze für #Nahrung, #Kleidung und #Hygieneartikel über einen langen Zeitraum kaum erhöht und reichen vielen Inhaftierten damit kaum, um eine zumindest den Ansprüchen eines westlichen Industrielandes an eine würdige Umgangsweise mit Gefangenen gerecht werden zu können. Dieser Umstand steht stellvertretend für eine sich seit Jahren weiter verschlechternde Situation in deutschen Gefängnissen, über die nicht nur die Insassen immer öfter klagen, sondern besonders auch die Wärter mittlerweile häufig protestieren.

Eigentlich ist das Strafvollzugswesen darauf ausgerichtet, Täter zu resozialisieren und nach Möglichkeit Maßnahmen zu deren psychischen Stabilität zu fördern. Daneben hat es auch den Auftrag zur Versöhnung und Verständigung, damit die Rückfallgefahr minimiert und die Verurteilten wieder zu einem Teil der Gemeinschaft werden lassen, in die sie sich mit einem Neuanfang integrieren können. Doch Personalnot, eine dramatische Finanzlage und fehlende Reformen haben den Justizvollzug in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten eher rückwärts entwickelt und sind zu einem Ort geworden, an dem nicht selten Gewalt, Angst und Schrecken herrschen und eine Atmosphäre der Isolation anwächst, die dem einst so fortschrittlich anmutenden Ansinnen der Wiedereingliederung vollkommen zuwiderläuft.

Das Credo des Wegsperrens als Lösung eines Problems ist daher logischerweise gescheitert, denn auch Straftäter sind Menschen, die nicht deshalb aus dem Sinn geraten, weil wir sie in der öffentlichen Aufmerksamkeit nicht mehr wahrnehmen. Eigentlich hätte man doch davon ausgehen können, dass auch verantwortliche Politiker über die Zeit zur vernünftigen Einsicht gelangen würden, dass #Sühne und #Buße nicht durch Einkerkerung zu erzwingen sein dürften. Stattdessen hat man sich nur stiefmütterlich darum bemüht, den Justizvollzug auf einen dem 21. Jahrhundert angemessenen Stand zu bringen. Seit Jahrhunderten hat sich der Gedanke der Gitterstäbe nicht verändert. Und obwohl wir mittlerweile wissen, dass es #Alternativen geben würde, forcieren wir mit populistischen #Phrasen die Verwahrung von Straffälligen.

Dass der Freiheitsentzug in seiner bisherigen Praxis nur wenig Abschreckungseffekt besitzt, ist längst bekannt. Gleichzeitig halten wir an einem System fest, das nicht auf die etwaige Rückführung ins Leben vorbereitet, sondern davon ausgeht, dass Menschen sich verändern, wenn man sie lange genug schmoren lässt. Dass gerade konservative Kreise kein Interesse daran besitzen, über einen anderen Umgang mit Tätern nachzudenken, ist angesichts der Wirkungslosigkeit und der immensen Aufwendungen, die für den Betrieb von Gefängnissen erbracht werden müssen, relativ fragwürdig. #Menschen in #Haft haben kaum Lobbyisten. Dennoch besitzen auch sie Grundrechte, die es immer wieder in Erinnerung zu rufen gilt. Schlussendlich muss sich die Verfassung einer liberalen Gesellschaft am Ende daran messen, wie sie mit Ausgegrenzten verfährt. Unter jenem Aspekt muss man unserem Miteinander aktuell ein miserables Zeugnis ausstellen und attestieren, dass wir normativ versagt haben.

Philosophischer Laienarbeitskreis

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