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Foto: Richard Tanzer, APA Fotoservice, Leopold Museum

Leopold Museum würdigt Max Oppenheimer: Wiederentdeckung eines beinahe vergessenen Protagonisten des Expressionismus

Von Christian Schröter, 6. November 2023, Lesedauer 6 Minuten, 16 Sekunden

#Leopold #Museum würdigt Max #Oppenheimer: Wiederentdeckung eines beinahe vergessenen Protagonisten des #Expressionismus

  • Großangelegte Retrospektive unterstreicht, auf welch innovativen Pfaden sich der für die Moderne so bedeutende Künstler stets bewegte

Wien, 6. Oktober 2023

Die umfassende Präsentation zeigt, wie radikal der in Wien geborene Maler und Grafiker immer wieder seine künstlerische Handschrift transformierte und einen substanziellen Beitrag zur Kunst der Moderne leistete. Mit rund 180 Exponaten beleuchtet Max Oppenheimer. Expressionist der ersten Stunde sein weitgehend unbekanntes Werk und erschließt seinen vielseitigen Motivschatz, der von Porträts und religiösen Themen über Stillleben bis hin zu Musikerdarstellungen reicht. Bereits früh erlangte Oppenheimer Aufmerksamkeit und stellte seine Werke europaweit aus. Seine erfolgreiche Karriere führte ihn zwischen 1912 und 1932 mehrfach ins Ausland, wobei er immer wieder nach Wien zurückkehrte. Der Künstler machte Bekanntschaft mit zahlreichen Protagonisten der Moderne wie Oskar Kokoschka, Egon Schiele, Paul Cassirer, Adolf Loos oder Sigmund Freud und setzte sich mit zukunftsweisenden Kunstströmungen auseinander, so unter anderem mit #Kubismus oder #Futurismus. 1938 musste Oppenheimer vor den #Nationalsozialisten über die Schweiz in die USA fliehen. In New York, wo er 1954 verstarb, war es ihm nicht möglich an frühere Erfolge anzuknüpfen.

»Bei Oppenheimer sollte sich folgendes Diktum, formuliert in seinem Manuskript Aus meinem Leben, als Grundeinstellung manifestieren: ›Man verharrt niemals in Ruhe, keine Einförmigkeit zwingt zur Untätigkeit, man treibt rastlos neuen Ereignissen, unbekannten Himmeln entgegen.‹ Angesichts seiner eingeschlagenen innovativen Pfade und seines erfolgreichen Karriereweges ist es verwunderlich, dass Max Oppenheimer die entsprechende Anerkennung in den letzten Jahrzehnten versagt geblieben, ja sein Schaffen nahezu in Vergessenheit geraten ist. Umso erfreulicher ist es, dass nun diese großangelegte, retrospektive Schau im Leopold Museum die Möglichkeit bietet, Oppenheimers weitgehend unbekanntes und gleichermaßen überraschendes Œuvre neu zu erschließen und diese für die Moderne so wichtige Künstlerpersönlichkeit wiederzuentdecken«, Hans Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museum und Kurator der Ausstellung.

Frühwerk

Max Oppenheimer – nach seiner Signatur auch kurz MOPP genannt – wurde 1885 in einem intellektuellen, gutbürgerlichen familiären Umfeld geboren. Mit 15 Jahren besuchte er zunächst die allgemeine Malerschule an der Wiener Akademie der bildenden Künste, bevor er an die Prager Kunstakademie wechselte. Durch seine Teilnahme an der legendären Kunstschau Wien 1908 sowie der Internationalen Kunstschau Wien 1909 erlangte er erste Aufmerksamkeit und lernte andere progressive Künstler kennen. Der Auftaktsaal der Ausstellung ist der Porträtmalerei gewidmet. Wien um 1910 war geprägt von einer radikalen Neuausrichtung der Kunstszene und einer Modernisierung bestehender Paradigmen. Der Fokus auf die Erfassung der Wesenszüge der Porträtierten führte zur sukzessiven stilistischen Transformation ins Expressionistische, wobei El Greco, Rembrandt oder Liebermann zu Oppenheimers Vorbildern zählten.

MOPP und seine Netzwerke

Die Präsentation thematisiert die Rolle des Künstlers und seine Netzwerke anhand der Zeitgenossen Egon Schiele und Oskar Kokoschka. Aus der anfänglichen Freundschaft mit Letzterem entwickelte sich eine regelrechte Feindseligkeit. 1911 gestaltete Oppenheimer für seine Ausstellung in der renommierten Münchner #Galerie #Thannhauser ein Plakat, woraufhin #Kokoschka ihn des Plagiats bezichtigte. Mit der Botschaft, es handle sich um eine Kopie eines 1910 von ihm geschaffenen Werbesujets für die Zeitschrift Der Sturm wandte er sich an seinen internationalen Bekanntenkreis, welcher künftig das Schaffen Oppenheimers diskreditierte.

Die freundschaftliche wie künstlerische Verbindung zwischen Schiele und Oppenheimer hingegen sollte Jahre überdauern und manifestierte sich im gemeinsamen Arbeiten – etwa Schieles Aquarell Der Maler Max Oppenheimer (1910) oder dessen Gemälde »Porträt Egon Schiele« (1910) machen nachvollziehbar, wie sie einander porträtierten und künstlerisch inspirierten. Aus dieser Zeit stammt die jüngste Sammlungserwerbung des Leopold Museum, eine Ikone des frühen Expressionismus: Oppenheimers Selbstbildnis (1911). Das Werk galt lange als verschollen, tauchte 2023 bei einer Auktion wieder auf, wurde jedoch kurz vor der Versteigerung wegen Anspruch der Erben des einstigen Besitzers zurückgezogen. Das Gemälde befand sich einst im Eigentum des Wiener Arztes, Kaufmanns und Kunstsammlers Dr. Oskar Reichel. Nach dem »Anschluss« Österreichs 1938 wurde Dr. Reichel von den Nationalsozialisten als #Jude verfolgt und verstarb 1943 in Wien. Der Verbleib seiner Kunstsammlung ist weitgehend ungeklärt. Nach Einigung mit der Rechtsnachfolgerin nach Oskar Reichel erwarb das Leopold Museum das Werk im August 2023, um es forthin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Motivische wie stilistische Vielfalt

Mythologisch aufgeladene Arbeiten wie »Simson« (1911), »Die Geißelung oder Beweinung« (1913) zeigen, wie sich der Künstler aufgrund von erlittenen Verletzungen durch die Hetzkampagne Kokoschkas, wegen des aufkommenden Antisemitismus oder auch seiner Homosexualität, die gesellschaftliche Ächtung erfuhr, als Leidender inszenierte. Nach anfänglicher Hoffnung auf eine klärende Kraft des Ersten Weltkriegs erkannte auch Oppenheimer diese als illusorisch an und begab sich 1915 als überzeugter Pazifist ins Schweizer Exil, wo es zu einer vertieften malerischen Auseinandersetzung mit musikalischen Themen kam, welcher zwei Museumssäle gewidmet sind. Auch seiner herausragenden Kunstfertigkeit als Grafiker sowie seiner wiederholten Auseinandersetzung mit der Stilllebenmalerei widmet sich die Schau mit zahlreichen Werken. 1925 übersiedelte der Künstler erneut nach Berlin. In einer von Gegensätzen geprägten Epoche – #Resignation und #Anklage auf der einen, Sehnsüchte und Lebenslust auf der anderen Seite – vereinte MOPP in seinen Abbildern von Amüsements der Großstadtgesellschaft, wie »Sechstagerennen« (1929), neusachliche Aspekte mit futuristischen Stilmitteln.

Verfemung und Exil

Im Zuge des Aufstiegs des Nationalsozialismus wurde der Maler ob seiner jüdischen Wurzeln in Deutschland als »entarteter Künstler« verfemt, seine Werke wurden aus öffentlichen Sammlungen konfisziert und er kehrte 1932 zurück in seine Geburtsstadt Wien. Durch den Einmarsch der deutschen Truppen in #Österreich 1938 war er gezwungen zu fliehen und emigrierte über die #Schweiz in die USA. Zahlreiche Werke wurden vernichtet, andere gelten als verschollen. Für Oppenheimer erwies sich das Exil als prekäre Situation. Die Entwurzelung fern der Heimat hatte Apathie und einen weitgehenden Stillstand seiner Kreativität zur Folge. Max Oppenheimer verstarb 1954 vereinsamt und verarmt in New York.

Kurator Hans Peter Wipplinger

Begleitend zur Ausstellung ist ein umfangreicher, zweisprachiger Katalog mit Beiträgen von Markus Böggemann, Alfred Fehringer, Kerstin Jesse, Lisa Smit, Aline Marion Steinwender, Hans Peter Wipplinger sowie einer Künstlerbiografie von Lena Scholz erschienen.

Der Einladung zur feierlichen Ausstellungseröffnung durch Direktor Hans Peter Wipplinger folgten mehr als 1.500 Besuchern, darunter Leopold Museum Privatstiftungs Vorstandsvorsitzender Josef Ostermayer und LMPS Vorstandsmitglied Daniella Spera, Sammlerin Elisabeth Leopold, Moritz Stipsicz, der kaufmännische Direktor des Leopold Museum, mumok Generaldirektorin Karola Kraus, Peter Weinhäupl (Direktor Klimt Foundation), Christoph Thun Hohenstein, Siwacht Inhaber Christian Knobloch und Geschäftsführer Andreas Plamann, die Sammler Diethard und Waltraud Leopold, Reinhard Diethardt, die Kinsky Gesellschafter Ernst Ploil und Michael Kovacek mit Charlotte Kreuzmayr, Galerist Herbert Giese (Giese & Schweiger), Christa Armann (Galerie Ruberl), Kunsthändler Walter Freller (Kunsthandel Freller), Marianne Hussl Hörmann (Dorotheum Expertin), Sascha Worrich (Marketingexperte und Galeriemanager), Pia Schölnberger (Leiterin der Kommission für Provenienzforschung, BMKÖS), Lisa Smit (Van Gogh Museum), Alexander Klingenbrunner (Rechtsangelegenheiten BMKÖS), Bernd Ernsting (Vorstand LETTER Stiftung), Stift Klosterneuburg Sammlungskustos Wolfgang Huber, Ebi Kohlbacher (Wienerroither & Kohlbacher), Andrea Glanninger Leitner (Galeriedirektorin Wienerroither & Kohlbacher), Verleger Bernhard Echte (Nimbus), Bernadette Reinhold (Universität für Angewandte Kunst, Leitung Oskar Kokoschka Zentrum), die Kunsthistoriker Markus Kristan und Stefan Üner, die Künstler*innen Gerda Leopold, Walter Vopava oder Peter Baldinger, Unternehmer Peter Goldscheider, Sylvia Eisenburger Kunz (Gesellschaft der Freunde der bildenden Künste), Edelbert Köb (ehem. mumok Direktor), Musikwissenschaftlerin Therese Muxeneder, Philosoph August Ruhs, Historiker David Marwell, Provenienzforscher Konstantin Ferihumer, Katharina Henkel (Leiterin Internationale Tage Boehringer Ingelheim; Autorin; Kuratorin) die Kuratoreb Kerstin Jesse (LM) und Chiara Galbusera (OENB), Martin Engelberg (Abgeordneter zum Nationalrat; ÖVP), Heinz Neumann (Sachverständiger #Kunst und #Antiquitäten), Werner Muhm (ehemal. AK Wien Dir.), Musikwissenschaftler Markus Böggemann und viele mehr. Mehr

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