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Von falschen Rembrandts und Sammlerglück

Von Christian Schröter, 14. Juli 2016, Lesedauer 3 Minuten, 34 Sekunden

Mit über 4.000 Werken besitzt er eine der größten privaten Kunstsammlungen in Deutschland. Dennoch weiß Dr. Dr. Thomas Rusche bald zu jedem seiner Exponate eine Anekdote, ein Bonmot, eine Geschichte zu erzählen. Der Kunstsammler, der eine spürbare Leidenschaft für Alte Meister wie für zeitgenössische Kunst pflegt, führte jetzt durch »seine« aktuelle Dialogausstellung »Blühendes Leben« im Zumbusch-Museum. Dutzende Interessierte aus der Region wie von außerhalb fanden sich zum Kunstgespräch in Herzebrock-Clarholz ein. »Ob Graf, Freiherr, Bauer oder Bürger, alle wollten lieber alte Möbel, alte Bilder geben, als mit barer Münze zu bezahlen«, erzählt Dr. Dr. Thomas Rusche. Sein Urgroßvater, Heinrich Rusche, habe vom Fuhrwerk aus zwischen Liesborn und Oelde einen schwunghaften Textilhandel betrieben. Mit der Inzahlungnahme alter niederländischer, »goldener Malerei« – sie umfasst kunstgeschichtlich auch Flamen und das Münsterland – habe er Ende des 19. Jahrhunderts den Grundstein gelegt für die heutige SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin. Sein Großvater mit Faible fürs Barocke habe geglaubt, neben mehreren (falschen) Rembrandts einen Raphael zu besitzen – »der sich dann als Werk eines westfälischen Kopisten des 18. Jahrhunderts herausstellte«. Von seinem Vater übernimmt Thomas Rusche seine Leidenschaft für die niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts. Allein, alte Meister zu sammeln sei heute nicht einfach: »Es werden in London zweimal jährlich Tausende angeboten, aber die meisten sind hundsmiserabel erhalten.« Deshalb habe er sich zudem der zeitgenössischen Kunst zugewandt. Betörend und verstörend zugleich »Wir alle streben nach Glück, das verbindet uns im Münsterland wie in Ostwestfalen«, so der Kunstsammler, Wirtschaftsethiker und Textilunternehmer Rusche (SØR Rusche GmbH, Oelde). Glück und Flüchtigkeit, Leben und Vergehen, dieser ewige Kreislauf werde an einer Blume am deutlichsten. Rusche verweilt bei den beiden Titelmotiven der Sommerausstellung. Der mit feinem Strich gemalte, detailreiche »Blumenstrauß mit Rose und Frühlingsblumen« in Öl auf Leinwand (Daniel van Beke, 1715) und »Approaching Storm – Windsurfers«, eine auf den ersten Blick betörende, auf den zweiten Blick verstörende Arbeit aus Blütenabbildungen, Zündschnüren und Acryl (L.C. Armstrong, 2007) – auch sie stehen exemplarisch für »Das blühende Leben« und seine kurze Dauer. Die im Zumbusch-Haus gezeigten alten und jungen Meister hätten in ihren (Selbst-)Portraits, Stillleben und Genrebildern ihre Empfindungen und Reflektionen zu Leben und Tod mit großer Intensität verarbeitet. Bei seinen Erzählungen verknüpft Thomas Rusche kunstvoll und äußerst unterhaltsam Historie und Gegenwart, Persönliches und Geistreiches, Kunstgeschichte und Provenienz (Herkunft eines Bildes). Beim Rundgang durch die drei Räume umfassende Dialogausstellung verweist er auf den Symbolismus in Werken verschiedener Epochen. Der Flötenkelch als Phallussymbol ist nur eine der sexuell-aufklärerischen Anspielungen in dem Ölbild »Ein Paar beim Wein« (Joos van Craesbeek, um 1650). Das fotografische »Stillleben S.P.« (Carina Linge, 2008) mit welkenden Blumen in einem Wasser gefüllten Brechbohnen-Glas steckt dagegen voller Hinweise auf das tragische Leben einer wohlhabenden, magersüchtigen Frau. Essen mit Maler und Modell Rusche spricht auch von den besonderen Glücksmomenten eines Sammlers. So habe ihn ein cleverer Galerist nach dem Ankauf des Ölgemäldes »Maßstab«, ein typisch-lasziver Frauenakt von Martin Eder von 2009, zu einem illustren Essen eingeladen. Neben dem deutschen Maler sei auch das Aktmodel, eine sympathische Apothekerin, zugegen gewesen. »Wir Rusche-Männer sammeln gegen unsere Frauen«, fährt Thomas Rusche fort, »schon meine Großmutter pflegte bei jedem neuen Werk zu sagen: ,Schon wieder ein Staubfänger.’ Für mich ist das ein wunderbares Bild, das an Zweideutigkeit nichts zu wünschen übrig lässt.« Das einstündige Kunstgespräch vergeht wie im Flug. Die Ausführungen Thomas Rusches entfalten – wie vom Sammler erwünscht – Nachwirkung, animieren zum (weiteren) Ausstellungsbesuch. »Blühendes Leben – Alte Meister im Dialog mit zeitgenössischer Kunst aus der SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin« ist bis zum 3. Juli 2016 im Caspar Ritter von Zumbusch-Museum, Clarholzer Straße 45 in Herzebrock-Clarholz zu sehen. Ausstellung bis Anfang Juli Die vom Heimatverein Herzebrock-Clarholz als Träger des Museums initiierte Sommerausstellung hat die Galeristin und Kunsthistorikerin Christiane Hoffmann kuratiert. Unterstützt wird die Schau von der Paul Craemer GmbH, die das historische Fachwerkhaus 2010 aus ihrem Besitz an die Gemeinde übergeben hatte. Geöffnet ist sonntags von 15 bis 17 Uhr, Führungen und Sonderöffnungen können unter Telefon 05245-922748 vereinbart werden. Der Eintritt ist frei.

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