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Nazis wollen nicht als Nazis bezeichnet werden, auch nicht in Gütersloh

Von Christian Schröter, 24. Juni 2021, Lesedauer 2 Minuten, 55 Sekunden

Sarah Bosetti hat die originelle Frage gestellt, ob Nazis deshalb nicht als Nazis bezeichnet werden wollten, weil selbst Nazis wüssten, dass Nazis scheiße seien. Das ist aber nicht der Punkt. Vielmehr ist es so, dass Nazis den Begriff als fälschlicherweise negativ konnotiert betrachten, als ungerechtfertigten Dysphemismus. Deshalb wollen sie sich nicht so bezeichnen lassen. Deshalb war auch Alice Weidel empört, als ihr ein Fernsehreporter die Frage stellte, ob die Sozialpolitik der AFD sozialnationalistisch sei. Sie beharrte darauf, er habe »nationalsozialistisch« gesagt, und brach das Interview ab. Nazis wissen nicht, dass »Nazis scheiße sind«. Sonst wären sie keine. Denn der Mensch will gut sein. Das hat der Starphilosoph Richard David Precht in einem umfangreichen Buch dargelegt. Und das ist auch nichts Neues. Goethe legte Mephistopheles die Worte in den Mund, er sei ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse wolle und stets das Gute schaffe. Im Umkehrschluss gilt dann das Gegenteil für alle Nicht-Teufel. Ebenso hat sich Hitler nicht umgebracht, weil er wusste, dass er etwas falsch gemacht hat. Im Gegenteil. Vielmehr fühlte er sich vom Rest der Welt lediglich nicht verstanden oder missverstanden. Und zwar so sehr, dass er Rache fürchtete. Zu Recht. War es feige, sich dieser Rache durch Selbstmord zu entziehen, wie es viele Nazigrößen getan haben? Einerseits ja, andererseits nein, denn im Grunde genommen hat ja niemand Angst vor dem Tod. Wenn, dann vor dem Sterben. Es sei denn, er glaubte an Himmel und Hölle. Und würde sich dann als Nazigröße – welch Hybris – sogar von Gott und Teufel missverstanden fühlen. Tatsächlich sah sich Hitler als Erfüller einer göttlichen Vorsehung. Ich bin absolut gegen die Todesstrafe, weil sie prinzipiell inhuman ist. Auch wenn die Vollstreckung unter Umständen human sein mag. Und es ist eine seltsame Strafe, denn sie ist nur solange eine Strafe, solange sie noch nicht vollstreckt wurde. Ein französischer Historiker unterstellt Stalin Kalkül, weil er sein Wissen um Hitlers Selbstmord unterschlagen habe, um sich mit dem Argument, Hitler lebe womöglich noch und werde von den »Westmächten« versteckt, als alleiniger Antifaschist zu gerieren. Die Frage ist, ob Stalin das überhaupt nötig hatte. Ich halte auch nichts von dem Film »Der Untergang«. Bruno Ganz hat mich nicht überzeugt. Er war ja auch nicht Hitler. Die offensichtliche Pappkulisse eines Tigerpanzers war auch nicht überzeugend. Der Film krankt grundsätzlich daran, dass er aus einem historischen Geschehen Unterhaltung macht. Er ist keine Dokumentation. Und selbst Dokumentationen sind Unterhaltung, was eben dem Medium geschuldet ist. Das Bewegtbild ist schon ein seltsames Medium, es stellt historische Personen und Geschehnisse nach. Niemand würde auf die Idee kommen, solche Personen mit Fotos nachzustellen. Oder Gemälde zu malen, auf denen Personen auftauchen, die historischen Personen ähneln, und sie dann als diese zu bezeichnen. Das Medium ist bekanntermaßen die Botschaft. Und das ist auch das Problem mit Gewalt in Videospielen und in Film und Fernsehen. Mit Gewalt in der Literatur gibt es kein Problem. Und das Problem ist nicht die Darstellung von Gewalt. Da könnte man sich an der Realität orientieren. Das Problem ist, dass Gewalt zu Unterhaltung wird. Und sie ist ja auch sehr unterhaltsam, wie man am Erfolg entsprechender Formate sieht. Wenn Täter befragt werden, stellt man regelmäßig fest, dass sie nur selten wissen, warum sie die Tat überhaupt begangen haben. Einige sagen, ihnen sei lediglich langweilig gewesen. Sie haben somit für Unterhaltung gesorgt.

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