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Ein Gedankenexperiment zum Rassismus

Von Christian Schröter, 14. August 2021, Lesedauer 5 Minuten, 7 Sekunden

Nazivergleiche sind wohlgelitten aber praktisch immer unangebracht, aber dieses Gedankenexperiment ist keiner. Es ist eben ein Gedankenexperiment. Es wird von vielen »Aktivisten« so getan, als sei die Lage in Sachen Rassismus in Deutschland aktuell sehr schlimm – dieses Gedankenexperiment lässt sich auch auf Themen wie Homosexualität übertragen. Tatsächlich Betroffene behaupten das interessanterweise eher selten. Im Gegenteil leben sie ja hier, sie streben nach Deutschland. In Zeiten der Sklaverei sind Schwarze beispielsweise nicht in die USA gestrebt, während des Dritten Reichs sind Juden oder sonstige vermeintliche »Rassen«, die den Nazis als »Untermenschen« galten, nicht nach Deutschland gestrebt. Man stelle sich nun die Lage im Dritten Reich vor. »Aktivisten« wären sofort festgenommen, womöglich ermordet worden. Und das wurden sie ja auch, dafür gibt es bekannte Beispiele. Aktuell findet das Gegenteil statt – »Aktivisten« finden überall Gehör und werden gefeiert, die Medien, die Wirtschaft, Prominente, Sportler, Bürger – die Masse schließt sich ihnen an, hört ihnen zu, vertritt ihre Thesen. Demonstrationen finden Zulauf, es werden medienwirksam »Zeichen gesetzt« in den Massenmedien, sogar von den Massenmedien selbst. Gleichwohl verschwindet das Problem offensichtlich nicht, denn wir haben es mit Blablaismus zu tun. Alle sagen es, tun aber das Gegenteil. Gefühlt sind alle gegen Rassismus. Tatsächlich natürlich nicht, sonst gäbe es ja überhaupt kein Problem. Wobei man sich fragen muss, wie groß das Problem ist? Es gab große Fortschritte seit der Vergangenheit. Und die unsägliche »Aktivistin« namens »Quattromilf« vergleicht die Lage potenziell tatsächlich mit dem Dritten Reich: »Wir Afrodeutsche sind diejenigen, die später im KZ auf die ›Nafris‹ ’runterschauen«. Die Lage ist, wie wir alle wissen, nicht vergleichbar, in dem Sinne, dass sie nicht gleich ist. Was hätten nun Juden im Dritten Reich tun können? »Aktivisten« gab es so gut wie nicht, und so etwas wäre auch nicht möglich gewesen. Eine »JLM«-Bewegung wäre undenkbar gewesen. Das Beste was sie tun konnten, war es, zu fliehen, sich zu verstecken, oder zu verschweigen und möglichst zu verheimlichen, dass sie Juden waren. Heute findet genau das Gegenteil statt – Herkunft und Hautfarbe, der Opferstatus, werden betont und hervorgehoben. Im Dritten Reich wäre das einem Todesurteil gleichgekommen, zumal die Nazis selbst ja genau das getan haben, um das Ganze überhaupt anzuleiern. In Wirklichkeit waren die Juden ja ganz normale Leute. Hätten die Juden, als alles begann, dem entgegenwirken können, indem sie ihr Judentum und ihren Opferstatus betont und hervorgehoben hätten? Indem sie auf den Rassismus hingewiesen hätten? Nein – sie hätten damit die Strategie der Nazis unterstützt und vorangetrieben. Eine Strategie, die offensichtlich auf fruchtbaren Boden fiel. Die Nazis haben die Strategie ja ganz offen betrieben. Heute gibt es keine Strategie irgendeines Regimes, ganz im Gegenteil. Rassismus wird allgemein abgelehnt. Er findet noch statt, aber doch wohl milder, als jemals zuvor. Von den »Aktivisten« wird er hingegen plötzlich überall entdeckt und angeprangert. Natürlich soll man das Thema nicht unter den Teppich kehren. Die Nazis haben das nach außen hin getan, bei den Olympischen Spielen hat man sich beispielsweise weltoffen gegeben. Was hätten nun die Juden im Dritten Reich gegen den Rassismus tun können? Vermutlich gar nichts. Aufklärung hätte nichts gebracht – im Gegenteil. Fast jeder hat ja mitgemacht. Bis zuletzt und bis zum Exzess. Im Grunde genommen haben die Nazis selbst ja »Aufklärung« betrieben, was ja gerade ihr Erfolg war. Und wenn man sich beispielsweise ansieht, wie Deutsche von den Amerikanern durch KZs geführt wurden und mit den Leichenbergen und den Zuständen konfrontiert wurden, so schienen sich die meisten belästigt gefühlt zu haben. Die Juden haben die Deutschen sogar nach ihrer Ermordung noch belästigt. Deshalb wurden sie ja auch völlig vernichtet und wurden verbrannt und in Massengräbern »entsorgt«. Es gibt eine erschreckende Szene, in der ein amerikanischer Soldat Leichen mit einem Bulldozer in ein Massengrab schiebt. Gerechtfertigt wurde und wird das mit einer vermeintlichen »Seuchengefahr« (sprich: Von den Juden ging noch nach ihrer Ermordung eine Gefahr aus). Man hätte hoffen dürfen, dass sie alles dafür getan hätten, die Leichen würdig zu bestatten. Und sie hätten ja auch die Deutschen dazu verpflichten können, anstatt sie nur durch die Lager zu führen. Letztlich ist es offenbar so, dass man gegen den Zeitgeist nicht ankommt. Es ist sogar fraglich, ob er von einzelnen oder wenigen geprägt wird. Ohne fruchtbaren Boden wächst jedenfalls nicht. Und was wächst, wächst in der Regel langsam. Schnellwachsende Zellen kennt man als Krebs. Es gibt die These, dass die Erfindung der mechanischen Uhr mehr für die Aufklärung getan hat, als sämtliche Schriften aller Aufklärer zusammen. Nun beispielsweise auf eine Gefahr durch die AFD abzustellen, ist seltsam. Das Problem ist nicht die AFD an sich, solche Leute gibt es und gab es immer. Das Problem sind vielmehr diejenigen, die sie wählen und mit ihnen sympathisieren, die ihre Thesen verbreiten oder ihnen eine Plattform bieten. Das Problem war nicht Hitler – alleine hätte er nichts ausrichten können. Das Problem war, dass alle mitgemacht haben. Und wenn beispielsweise ein »Mr. Vogelschiss« Gauland bei Anja Will oder Matthias Lanz sitzt, dann bekommt er diese Plattform. Oder wenn man eine Alice Weidel interviewt und ihr »Sozialnationalismus« entgegenhält. Dass man Gegenrede führt und ihnen Paroli bietet? Geschenkt. Sie sind präsent, allein das zählt am Ende. Wer was sagt oder gesagt hat, spielt eine untergeordnete Rolle, das ist wenig später vergessen. Aber dass sie dort stattgefunden haben, bleibt hängen. Any promotion is good promotion. Und im Fernsehen ist sowieso alles Unterhaltung. Das Medium eignet sich nicht für substantiierte, kritische oder negative Botschaften. Es begünstigt durch seine Epistemologie, seine »Sprachen« und seine Metaphern positive Botschaften. Leute mit geröteten Köpfen, die vor Wut schäumen und spucken und Hassreden führen, wirken im Fernsehen nur albern. Die Nazis wussten das genau und haben das Medium des Tonfilms entsprechend genutzt. Du bist gegen Rassismus? Dann sei kein Rassist. Dann beende den Rassismus in deinem Kopf!

Original Content Ein Gedankenexperiment zum Rassismus bei Gütsel Online …

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