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Ein Künstler verklagt einen Künstler wegen einer unsichtbaren Skulptur

Von Christian Schröter, 18. August 2021, Lesedauer 1 Minute, 57 Sekunden

Der Künstler Tom Miller aus Florida hat seinen italienischen Kollegen Salvatore Garau verklagt. Es geht um eine unsichtbare Skulptur. Ein Sammler hatte Salvatore Garaus »Kunstwerk« »Io sono« – zu deutsch »Ich bin« für 18.000 Dollar erworben. Garaus selbst sagt von seiner immateriellen und unsichtbaren »Skulptur«, dass sie ein Kunstwerk sei, das die Aktivierung der eigenen Vorstellungskraft verlange. Vermeintliche Kunstkenner erkennen darin die Figur des Buddhas. Dieses unsichtbare »Kunstwerk« ist nun offenbar nicht das erste seiner Art – der besagte Tom Miller behauptet, er habe bereits 2016 eine Skulptur gleicher Machart mit dem Titel »Nothing« geschaffen und hat nun seinen Kollegen verklagt. Beiden Werken läge die gleiche Idee zugrunde. Und? Vielen Kunstwerken liegt die gleiche, teils dieselbe Idee zugrunde. Das ganze ist freilich albern. Der Gedanke ist interessant, aber im Grunde wird hier über eine immaterielle Idee, einen Gedanken gesprochen. Wenn sie jemanden finden, der dumm genug ist, ihnen dafür Geld zu bezahlen – wunderbar. Das kann man natürlich nur einmal bringen. Und im Grunde genommen muss man dumm sein, denn sobald diese Idee geäußert wird, »besitzt« man sie j ja schon. Dann »besitzt« sie jeder, der jemals davon gehört hat. Garau, der schon in einer Rockband Schlagzeug spielte, ist als Maler eigentlich nicht zurückhaltend und füllt große Leinwände mit kräftigen, breiten, abstrakten Pinselstrichen. Nur seine Skulpturen sind nichts als ein Gedanke. Aber was könnte umweltfreundlicher und leichter zu transportieren sein, als eine immaterielle Skulptur? Er beklagt nun die vermeintliche Skandalisierung des Ganzen und verweist auf »NFTs« (»Non Fungible Tokens«), die auch für Millionen gehandelt würden. Wie in der physischen Welt gibt es auch in der digitalen austauschbare und nicht austauschbare Assets. Und solche Kunstwerke. »Ich komme mir vor wie David gegen Goliath. Vielleicht machen meine unsichtbaren Skulpturen den Leuten Angst, weil sie ein Gedanke in ständiger Fluktuation sind, pure Poesie, ganz im Gegenteil zu diesen umweltschädlichen NFTs, die meiner künstlerischen Ethik komplett widersprechen. Es gibt doch bereits so viel Nichts, das als irgendetwas verkauft wird, und niemand bemerkt es«, sagte er dem italienischen »Artemagazine«. Sein Fazit klingt philosophisch: »Vielleicht haben 15.000 Euro für eine Leere mehr Gewicht als mehrere Millionen für eine Fülle.« Jedenfalls passt das Ganze zu dem Trend, dass früher niemand alles über nichts wusste, während heute alle nichts über alles wissen.

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