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147 Milliarden Menschen hören jeden Tag Radio Lülalo in Gütersloh

Von Christian Schröter, 23. August 2021, Lesedauer 2 Minuten, 36 Sekunden

Der »AMS« hat wieder mal eine Selbstbeweihräucherungs-Pressemitteilung rausgehauen: »Über eine zeitnahe Veröffentlichung freuen wir uns sehr«. »Ihr mich auch!« Sinngemäß seien alle angeschlossenen Sender die beliebtesten Sender und Marktführer im »besten Kreis der Welt« überhaupt. Das zeigten die aktuellen Reichweitenuntersuchungen, wonach alle immer jeden Tag 24 Stunden lang nichts anderes täten, als ihr Radio einzuschalten. Fragt sich, wer überhaupt noch großartig ein Radio hat? Die meisten, insbesondere die Jugendlichen, streamen doch nur noch. Schlechterdings lässt man das Radio zur Hintergrundberieselung laufen … in der Küche, im Büro oder im Auto. Hauptsache belanglose Musik, die niemanden belästigt. Die dem entspricht, was Max Goldt über McDonald’s schrieb: Das Geheimnis sei, dass das Essen dort weich und lauwarm sei, nicht richtig gut aber auch nicht richtig scheiße schmecke. Mit einem Marktanteil von tausend Fantastilliarden Prozent liege man deutlich vor dem öffentlich-rechtlichen Wettbewerb – im Grunde genommen werden diese »Lokalradios« ja auch öffentlich finanziert. Oder etwa nicht? An Radiowerbung findet ja überwiegend Werbung von Lebensmitteldiscountern und FMCGs statt: »Die Streichwurst heute bei Lidl an der Frischetheke. 100 Gramm nur drei achtundneunzig« … »Frühlingsquark im Angebot bei REWE« … »Schweinekoteletts bei unserem Metzgermeister im Aldi« … solche Dinge. Man weiß gar nicht, wo man hingehen soll. Es wird auch gesagt, woher die Zahlen kommen. Die Reichweitenanalysen seien das Ergebnis von Telefonbefragungen. Ein Interview dauere im Schnitt 25 Minuten, weil neben Fragen zu den Hörgewohnheiten auch Fragen zur Qualität der Radioprogramme gestellt würden. Die Ergebnisse böten wertvolle Hinweise, um das Programm noch besser zu machen. Es wird seit vielen Jahren immer noch besser gemacht, sodass es mittlerweile schon ultimativ optimal ist. Und dennoch immer wieder weiter verbessert werden kann. Nun … der Großteil des Programms besteht aus Musik, die wohl zentral von »Radio NRW« kommt. Die Nachrichten teils ebenso. Wie auch die ständigen Gewinnspiele. Es gibt auch Lokalnachrichten, die auf manche Leute so wirken, als habe man morgens die Tageszeitung aufgeschlagen und die Meldungen zu radiotauglichen Nachrichtenschnipseln umformuliert. So hört man. Hintergründe oder Kontext gibt es dabei natürlich nicht. Fragt sich, wer 25 Minuten lang mit einem Callcenter-Agent über seine Hörgewohnheiten telefoniert. Wird man da zufällig ausgewählt und dann einfach so angerufen? Die Frage ist auch, wie das gezählt und hochgerechnet wird. Die Quoten klingen irgendwie zu gut, um wahr zu sein. Zählen zehn Leute eines Büros als zehn Hörer, wenn den ganzen Tag über das Radio läuft? Und wenn sie zwischendurch mal aufs Klo gehen, zählen sie dann erneut? Und wenn sie auf dem Hinweg und Heimweg im Auto das Radio einschalten – zählen sie dann wiederum? Und zu Hause in der Küche dann nochmals? Oder auf dem Klo? Beim Frühstück? Und wenn man in einen Laden marschiert, in dem zufällig das Radio läuft … zählt man dann als »Hörer«? Schaut man sich die Tagesreichweiten in ganz Nordrhein-Westfalen beim WDR an, so sieht das alles plötzlich ganz anders aus: Der WDR liegt dort bei 7,78 Millionen täglich, »Radio NRW« hingegen nur bei 4,51 Millionen. Erträglich ist eigentlich sowieso nur WDR 3 …

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