Die Warburg Bank in Hamburg. Foto: WDR, Picture Alliance, DPA
Von Christian Schröter, 28. Oktober 2021, Lesedauer 4 Minuten, 3 Sekunden
Die #Staatsanwaltschaft Köln durchsucht nach Informationen von #WDR und »#Süddeutscher #Zeitung« #Finanzbehörden und #Wohnräume in Hamburg. Der Verdacht: Ex-#Politiker und #Staatsdiener sollen der #Privatbank »MM Warburg« geholfen haben, illegal erbeutetes #Steuergeld zu behalten. Die Ermittlungen richten sich demnach gegen eine Finanzbeamtin, ebenso wie gegen zwei frühere Größen der Hamburger #SPD: Johannes Kahrs, einst haushaltspolitischer Sprecher im Bundestag sowie des einflussreichen »Seeheimer Kreises«, und einen ehemaligen Senator der Hansestadt Hamburg.
Zwei Tage nach der Bundestagswahl holt die Hamburger Sozialdemokraten damit der »#Cum-#Ex«-#Skandal ein, #Deutschlands größter Steuerbetrug. Der Verdacht der Staatsanwaltschaft Köln: Die Politiker und Staatsdiener sollen der Hamburger Privatbank »MM Warburg« geholfen haben, dass 47 Millionen Euro Steuergeld aus illegalen »Cum-Ex«-Geschäften damals von der Hamburger Finanzbehörde nicht zurückgefordert wurden. #Geld, das erst nach einem Urteil des Landgerichts Bonn von der »Warburg Bank« zurück bezahlt wurde. Wer einem #Kriminellen hilft, sich die Vorteile aus einer Tat zu sichern, macht sich selbst strafbar. Im #Strafgesetzbuch ist dies als »Begünstigung« festgehalten – und wird mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet.
Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte die Durchsuchungen auf Anfrage und sprach von einem Anfangsverdacht der Begünstigung. Man habe Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschuldigten im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften. Seit dem Morgen setze man entsprechende Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Köln vom 22. September 2021 um. Zu Namen einzelner Beteiligter äußerte sich die Behörde nicht. Die Finanzbehörde sowie die Beschuldigten waren kurzfristig nicht zu erreichen.
Es geht um Millionensummen aus der Staatskasse, die sich »Warburg«-Banker und ihre Komplizen über Cum-Ex-Geschäfte haben erstatten lassen, obwohl sie die Steuer zuvor niemals gezahlt hatten. Ein Griff in den Steuersäckel, für den das Landgericht Bonn die Bank im vergangenen Jahr zur Rückzahlung der Taterträge verurteilte. Das #Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Die #Ermittler überprüfen mit ihren Durchsuchungsmaßnahmen nun jene Fragen, die in Hamburg inzwischen einen Untersuchungsausschuss beschäftigen und auch den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz durch seinen Bundestagswahlkampf begleiteten. Haben die Finanzbehörden die Hamburger Warburg-Bank gezielt geschont? Und: Hat die Politik nachgeholfen? Scholz und der damalige Hamburger Finanzsenator und heutige Erster Bürgermeister Peter Tschentscher haben diese Vorwürfe vehement bestritten. Gegen beide wird auch nicht ermittelt.
Tagebücher von Christian Olearius, Mit-Eigentümer der Privatbank, lieferten den Fahndern erste Verdachtsmomente, was hinter den Kulissen abgelaufen sein könnte, nachdem sich das Finanzamt 2016 anschickte, von der Warburg-Bank Cum-Ex- Gelder zurück zu fordern. Den Fahndern vom Rhein waren die Tagebücher bei einer Razzia in die Hände gefallen. Während der Auswertung der persönlichen Notizen stießen die Ermittler auf eine versuchte Einflussnahme auf die Hamburger Finanzverwaltung – unter Nutzung bester politischer Kontakte.
So hielt der Bankier in seinem Tagebuch fest, wen er unter anderem nach der ersten Cum-Ex-Razzia in seiner Bank Anfang 2016 kontaktiert hatte: den Sozialdemokraten Kahrs und einen ehemaligen Hamburger Senator. Beide sollen ihm Unterstützung in der Sache signalisiert haben. Der ehemalige Senator soll sich gemäß der Aufzeichnungen für Treffen mit dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz stark gemacht haben. Kahrs wiederum soll bei der Bankenaufsicht Bafin und dem Bundesfinanzministerium vorgefühlt haben. Er sei zunächst jedoch nicht erfolgreich gewesen, soll Kahrs Ende 2016 vermeldet haben.
Selbst die besten politischen Kontakte, so schien es zunächst, blieben wirkungslos. Im November 2016 schrieb die zuständige Finanzbeamtin des Hamburger Finanzamts für Großunternehmen einen 28-seitigen Vermerk, dass, die Cum-Ex-Gelder zurückgefordert werden müssten. Betriebsprüfer bei der Warburg-Bank hatten ebenfalls dringend dazu geraten. Doch dann geschah Seltsames. Nur wenige Tage später, nach einer Besprechung im Hamburger Finanzministerium, wich die Beamtin von ihrer aufwendig begründeten Einschätzung ab und verzichtete auf die Rückforderung der 47 Millionen Euro. Vor allem diese Kehrtwende wirft Fragen auf.
Einerseits gehen die Ermittler der Frage nach, ob die Finanzbeamtin einen persönlichen Draht in die Bank hatte. Die Beamtin dementiert das und auch, dass sie beeinflusst worden sei.
Schließlich prüft die Staatsanwaltschaft, ob eine politische Einflussnahme Grund für den Meinungswechsel war. Denn der damalige Finanzsenator Peter Tschentscher hatte mit seiner grünen Minister-Tinte auf einem Dokument angewiesen, er wolle im Fall Warburg auf dem Sachstand gehalten werden. Auch Olaf Scholz war im Bilde – wie er später nach und nach im Finanzausschuss einräumte. So habe er Olearius drei Mal getroffen, das #Steuerverfahren sei dabei auch Thema gewesen. Eine politische Einflussnahme jedoch bestreiten Scholz und Tschentscher entschieden – ebenso wie Olearius. Die #Finanzbeamtin ihrerseits sagte aus, niemals beeinflusst worden zu sein. Das #Finanzamt erklärte später das Hin und Her damit, dass es rechtliche Unsicherheiten und große Prozessrisiken gegeben habe.
Die #Staatsanwaltschaft Köln hinterfragt offenbar die Darstellung der Finanzbeamtin und die Rolle von Kahrs und dem ehemaligen Senator, die ihre Kontakte genutzt haben sollen, um der #Bank die Türen zu öffnen.