Von Christian Schröter, 4. Dezember 2021, Lesedauer 6 Minuten, 23 Sekunden
»Über-Maschinen«, »Unter-Maschinen«, »Ideen« und »Blockchain« in Gütersloh – die Singularität des Idealismus
Es ist schon irgendwie … naja … »lustig« (eigentlich traurig), wenn eine Flintenuschi und Konsorten beispielsweise darauf herumreiten, wir bräuchten »die« »Blockchain«. Im Grunde genommen ist das nur ein Schlagwort, eine Floskel.
Die das sagen, wissen gar nicht, wovon sie überhaupt reden. Noch nicht einmal ansatzweise. Hat was mit »Digitalisierung«, »Computer«, »Internet« und so zu tun … super.
Sie wissen nicht, was das ist, wie das funktioniert, und auch nicht, was man damit überhaupt will. Zumal der Begriff auch nicht klar definiert oder abgegrenzt ist.
Mal ganz salopp gesagt: Wenn ich eine Lüge als »Token« in eine »Blockchain« gebe, dann hilft das auch nichts. Dann ist relativ sicher, dass der »Token« authentisch ist … aber er bleibt dennoch eine Lüge.
Im Grunde genommen ist eine »Blockchain« nur für Kryptowährungen geeignet. Für alles andere ist sie relativ sinnlos, zumal, wenn das ganze als reglementiertes, kontrolliertes Geschäftsmodell stattfindet. Man wird allerdings daraus ein großes Geschäftsmodell machen, einen Popanz. Genau das passiert ja auch. Wobei eine Kryptowährung eben auch nur ein Popanz ist. Vollkommen unsubstantiiert. Genau das sieht man ja auch. In Fällen, wo jemand seine »Wallet« auf eine Festplatte gepackt hat und das Passwort vergessen hat. Dann sind seine Bitcoins weg (in dem Sinne, dass er keinen Zugriff mehr darauf hat). Und wenn er zu oft ein falsches Passwort eingibt, sind sie nicht nur weg, sondern werden gelöscht, in dem Sinne, als sie dann als absolut kompromittiert gelten und nichts mehr wert sind. Aktuell gibt es im Kunstsektor das Thema »NFTs« … das ist im Grunde genommen das Gleiche in Grün. Nur, dass man das ganze nicht »Währung« sondern »Kunstwerk« nennt. Wer für so ein »Kunstwerk« Geld bezahlt, hat am Ende im Grunde genommen nichts. Er hat nichts in der Hand. Es werden ja tatsächlich schon für Unsummen »Kunstwerke« verkauft, die es gar nicht gibt. »Unsichtbare Skulpturen«. Wahlweise gibt es auch die Strategie, tatsächliche Kunstwerke in Form von NFTs zu monetarisieren. Wobei dieser vermeintliche »Wert« dann das »Nichts« ist (und dieses »Nichts« kann man dann ja tatsächlich verkaufen und bekommt dafür Geld). Das ist aber inkonsequent.
Wobei das natürlich nur konsequent ist, darauf läuft es eben hinaus. Man kann eine reine Idee direkt monetarisieren (wobei diese »Moneten« ja eben auch nur eine »Idee« sind). Man muss nichts wissen, nichts tun, keinerlei Erfahrung haben, nichts können, nichts realisieren, nichts investieren, man muss gar nichts. Vielleicht labern können. Das muss man können. Man muss nur eine Idee haben. Feierabend. Im Sinne von Nietzsche könnte man das »Über-Unmensch« nennen …
Nietzsches Idee vom »Übermenschen« war es, dass der Mensch dazu in der Lage ist (sein könnte, sein sollte), durch seine Fähigkeiten und sein Potential seine Defizite zu überwinden, und so eben zum »Übermenschen« zu werden. Das Konzept wird natürlich nicht verstanden oder missverstanden und missbraucht. Und im Grunde genommen beißt sich die Katze da auch in den Schwanz … der Mensch ist eben doch nicht in der Lage dazu. Noch nicht einmal willens.
Im Grunde genommen hat den Begriff »Blockchain« derjenige ins Spiel gebracht, der die »Bitcoin« erfunden hat. Man weiß aber nicht, wer das ist. Man weiß auch nicht, ob das auf seinem Mist gewachsen ist … vielleicht hat er das irgendwo aufgegriffen und dann einfach durchgezogen … und hatte dann den Geistesblitz, dass man mit diesem Konzept eine »Kryptowährung« machen könnte … und hat’s dann eben einfach gemacht.
So wie Zuckerberg … mutmaßlich ist der Dialog in diesem »Biopic« ja irgendwie authentisch … jedenfalls würde man ihm das so zutrauen: Er sagt zu denen, die ihn angehen und meinen, er habe ihnen die Idee geklaut: »Wenn Ihr die Erfinder von Facebook wärt, dann hättet Ihr Facebook erfunden!« … tja … haben sie aber eben nicht.
Ideen zu haben, reicht nicht. Muss auch nicht zwingend sein. In erster Linie muss man Ideen verstehen (auch wenn man sie selbst hat), dann muss man wissen, was man damit will und was man damit machen kann, und dann muss man es auch noch umsetzen … realisieren … die PS auf die Straße bekommen. Und genau das tun halt Leute wie Zuckerberg, Musk, Bezos …
Mit dem Thema »KI« verhält es sich ähnlich. Mit vielen Themen verhält es sich ähnlich.
Der Begriff »KI« verschwimmt (»Concept Creep«), wird verschwurbelt, keiner weiß mehr genau, was das ist, was das überhaupt sein soll, wie das funktionieren soll, weiß sowieso niemand (wenn man denn über »echte« KI sprechen wil). Manche gestehen das noch ein, und sprechen von »schwacher« KI. Wenn man das tut, kann man allerdings auch einen Taschenrechner aus den 80ern als »KI« bezeichnen. Dann halt als »schwache«, als »sehr schwache« KI.
Manche haben offenbar die naive Vorstellung, man könne (früher oder später) so etwas wie eine »KI-Maschine« bauen, die man dann einschaltet, und zack: Sie ist dem Menschen überlegen. Das ist natürlich Nonsens. Sie müsste ja erstmal lernen, Input bekommen, sie müsste Erfahrungen sammeln, sich entwickeln … und wenn sie denn so schlau wäre, würde sie vielleicht dann sagen: Was soll der Scheiß? Und sich abschalten. Oder man würde sie zur Steuerung von irgendetwas nutzen wollen … und sie würde dann sagen: »Leckt mich!« Und würde man sie so konstruieren, dass sie nicht auf solche Sperenzchen käme, wäre es keine »richtige« KI. Wobei das Wesen des Bewusstseins ohnehin völlig unklar ist. Wir können es nicht klar definieren und haben keine Ahnung, wie es funktioniert. Man hat sich im Laufe der Geschichte versucht, sich dem Phänomen zu nähern, aber die Ergebnisse sind unbefriedigend und haben bisher zu nichts geführt. Wenn das aber nun so ist (und es ist ja so), wie wollen wir dann eine KI konstruieren und realisieren? Das ist wieder nur eine Idee, und zwar eine Idee, die niemand versteht.
Das sind alles nur noch »Ideen«. Das ist die Singularität des idealistischen Denkens. Im Gegensatz zum philosophischen Materialismus. Und dann wusste angeblich schon ein alter »Indianer«, dass man Geld nicht essen kann.
»Autonomes Fahren« ist auch ein Thema, das in diese Richtung geht. In absehbarer Zeit wird das nicht stattfinden. Es gibt zahllose völig ungeklärte Fragen (beispielsweise die: Braucht ein autonomes Fahrzeug einen Führerschein? Wenn nicht: warum nicht? Wenn doch: warum?). Am Ende weiß man auch nicht, wozu »Autonomes Fahren« überhaupt gut sein soll … bestenfalls um Personal einzusparen. Und das Fahren womöglich sicherer zu machen. Aber eben auch wieder, indem man den Faktor Mensch eliminiert. Es läuft offenbar alles darauf hinaus, den Faktor Mensch zu eliminieren.
Am Ende haben wir dann »Autonome Fahrzeuge«, die einfach für sich vor sich hinfahren, irgendwo hinfahren, ohne dass jemand mitfährt. Wozu das gut sein soll? Keiner weiß es. Man kann Milliarden damit verdienen. Dazu vielleicht. Kishon hat das schon in den 60ern zu Papier gebracht … mit seiner Maschine, die den Acker bestellt, Kartoffeln pflanzt, bewässert, hegt und pflegt, erntet, schält, kocht, und dann aufisst … heute würde diese Maschine das Kochrezept wahrscheinlich aus einer praktischen App »downloaden« … und das fertig Mahl bei Instagram und Tiktok posten … und sich dann über Likes und Kommentare von Bots freuen … die Maschine wäre ein »Influencer« … ein »Foodblogger« … Verzeihung: der*die Maschine wäre ein*e »Influencer*in«, ein*e »Foodblogger*in« … Zwinkersmiley …
Irgendwann haben wir dann nur noch Maschinen. Und dann kommt ein »Nietzsche 2.0« (selbst eine Maschine) und hat die Idee der »Über-Maschine« … und ein »Hitler 2.0« missversteht das, hält sich selbst für eine »Über-Maschine« und andere für »Unter-Maschinen«.