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Porträt der Ordensgründerin Alic le Clerc Foto: Augustiner Chorfrauen

»Bildung für alle« eine Herzenssache

Von Christian Schröter, 11. Februar 2022, Lesedauer 4 Minuten, 14 Sekunden

»Bildung für alle« eine Herzenssache

  • Alix le Clerc: Ordensgründerin der Augustiner Chorfrauen verstarb vor 400 Jahren – Ihre Visionen leben heute im Michaelskloster weiter

»Führen Sie, Schwestern des Michaelsklosters, das Vermächtnis Ihrer Gründerin Alix le Clerc weiter: Das Engagement für eine ganzheitliche Bildung, der sowohl fundiertes Fachwissen als auch Herzensbildung eigen ist«, ermunterte Weihbischof Dr. Dominicus Meier OSB die Augustiner Chorfrauen in Paderborn anlässlich des Festgottesdienstes zum Todestag der Ordensgründerin. Vor 400 Jahren verstarb Alix le Clerc, deren Anliegen im ausgehenden 16. Jahrhundert war, ein Haus zu gründen, in dem alles mögliche Gute getan wird.

Seit 1658 sind Augustiner Chorfrauen in Paderborn ansässig, um den Erziehungs- und Bildungsauftrag – zunächst für Mädchen – der Ordensstifterin zu erfüllen. Heute unterrichten noch zwei der insgesamt sieben Schwestern des Konvents am Gymnasium und an der Realschule St. Michael. Beide Schulformen nehmen seit ein paar Jahren auch Jungen auf.

»Weihnachten im Alltag leben«

Zum Abschluss der Weihnachtszeit zog Weihbischof Dominicus in seiner Predigt beim Festgottesdienst Parallelen zwischen der Weihnachtsgeschichte und dem Leben der seligen Alix le Clerc und ihrer Mitbegründerinnen. Sie hätten sich bereit erklärt, in einer neuen Form des Ordenslebens radikal die an Weihnachten sichtbar gewordene Liebe Gottes zu den Menschen zu leben und sich die Erziehung von Mädchen zu Eigen zu machen. Ihr Dienst an Gott und den Menschen sei ihre persönliche Antwort auf das Geheimnis der Weihnacht. »Weihnachten im Alltag leben – dies hat die Selige und dies haben die Schwestern des Michaelsklosters getan und tuen es heute.«

Die Ordensgemeinschaft der Augustiner Chorfrauen blickt in diesem Jahr auch auf ihr 425-jähriges Bestehen. Gestärkt durch Priester und Augustiner-Chorherr Pierre Fourier ging Alix le Clerk ihren Visionen und Traumdeutungen nach. Zu Orden ihrer Zeit fühlte sie sich nicht berufen. Ihre Vorstellungen sollten Kontemplatives und Apostolisches miteinander verbinden. Der Bildungsnotstand im 16. Jahrhundert vor allem für Mädchen war für Alix le Clerk Motivation, die Initiative zu ergreifen und teilweise auch gegen Widerstände anzukämpfen. Sie fand drei Verbündete – junge Frauen gleicher Gesinnung – und lebte mit ihnen in kleiner Gemeinschaft.

#Kostenlose #Schulbildung für #Mädchen

Kostenlose Schulbildung für Mädchen aller war das oberste Ziel der Augustiner Chorfrauen. Dadurch sollte vermehrt Bildung in die Familien getragen, aber auch die Selbstständigkeit der Frauen gefördert werden. »Eine christliche Erneuerung der Familie und der Gesellschaft«, betont Weihbischof Dominicus in seiner Predigt. Es sei eine revolutionäre Tat in einer Zeit von Standesunterschieden und auch Glaubenskriegen gewesen. »Herzensbildung, jeden Menschen in seiner Person zu achten, geistliche Weite und Toleranz vorleben«, bringt Sr. M. Ancilla Ernstberger, heutige Oberin der Augustinerinnen in Paderborn, die Ideale auf den Punkt. Und spannt den Bogen zur aktuellen Aufgabe: »Wir wollen jungen Menschen helfen, sie unterstützen, soziale und ethische Verantwortung erkennen lassen.«

Weihbischof Dominicus erhofft liebende Wertschätzung für junge Menschen

Junge, noch ungeformte Menschen bräuchten lebendige Beziehungen, ein ehrliches Miteinander und vor allem liebende Wertschätzung, so Weihbischof Domincius, der das Handeln von Alic le Clerc wieder in die Weihnachtsbotschaft übertrug: »Ein Volk ohne Vision verwildert« (Sprüche 29, 18.) Die Menschwerdung Gottes, das immer wieder neue Hinhören und das eigene Leben zu Gott zu tragen, werden zum Anspruch, Menschlichkeit in einer Zeit diametraler Gesellschaftsunterschiede zu leben und einzufordern.«

Dass die Augustiner Chorfrauen auch heute noch diesem Ruf folgen, sieht Sr. Ancilla bestätigt. Bildung werde heute insgesamt gut vermittelt, aber man müsse gegen Missstände oder menschenverachtende Systeme die Stimme erheben und sich auf die Seite der Armen und Bedürftigen stellen. »Deshalb halte ich katholische Schulen für wichtig, die zielgerichtete Grundsätze verfolgen und Herzensbildung vermitteln«, so die Oberin, die aber auch die Ordensgemeinschaft in der Verantwortung sieht, um existentielle Fragen der Jugend zu beantworten: »Der seelsorgerische Aspekt muss mit im Vordergrund stehen und einen Blick für das Unvergängliche öffnen.«

Für die ihre Sache gebrannt

Alix le Clerc habe für »ihre Sache« gebrannt, so Sr. Ancilla, und ein angenehmes, bequemes Leben verlassen, um sich für Menschen zu engagieren. Bildung habe auch in dieser Zeit Vorrang. Für die Augustiner Chorfrauen aber nicht nur in der Schule. »Unsere pastoralen Angebote werden gut nachgefragt. Aufgrund unserer Eucharistiefeiern mit ästhetischer Liturgie ist unsere Gemeinde der Klosterkirche sogar angewachsen. Wir wollen pastorales und geistliches Leben mit anderen teilen.«

Weihbischof Dominicus forderte die Augustiner Chorfrauen auf, sich für die Würde von Frauen in Gesellschaft und Kirche einzusetzen, Menschen für die weihnachtliche Botschaft wachzurütteln: »Unsere Zeit braucht dringender denn je Vorbilder einer gelebten Spiritualität. Frauen, die mit Entschiedenheit für das Geschenk des Lebens eintreten.«

»Fais-le-grandir – Lass es wachsen«

»Fais-le-grandir – Lass es wachsen«, diese Vision von Alix le Clerc ist auch ein Leitspruch der Schwestern des Michaelskloster: Begabungen und Fähigkeiten durch Gott wachsen zu lassen.

Hintergrund:

Alix Le Clerc wurde am 2. Februar 1576 in Remiremont (Frankreich) geboren und verstarb am 9. Januar 1622 in Nancy. Sie war eine französische Ordensschwester und Mitbegründerin der Augustiner Chorfrauen. Als Ordensschwester nahm sie den Namen Maria Theresia von Jesus an, 1947 erfolgte die Seligsprechung.

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