Foto: Hartmut Brand
Von Christian Schröter, 6. März 2022, Lesedauer 4 Minuten, 12 Sekunden
Gütersloh: »Paleo«, Spielerezension von Hartmut Brand
Die Auszeichnung »Kennerspiel des Jahres« ist für mich immer ein Grund, dass ich neugierig werde und wenn sich dazu ein Spiel bei der Wahl des Jahres 2021 gegen »Die Ruinen von Arnak« durchsetzt, macht mich das doppelt so neugierig. Deswegen habe ich mich diesmal mit »Paleo« beschäftigt.
»Paleo« ist ein kooperatives Familienspiel vom »Hans im Glück«-Verlag, bei dem zwei bis vier Spieler im Alter ab zehn Jahren über eine Spielzeit von 45 bis 60 Minuten versuchen, sich den Gefahren und Geschehnissen der Steinzeit entgegenzustellen.
Und der Begriff »Abenteuerspiel« trifft es in diesem Falle wirklich sehr gut, denn es geht nicht nur darum, die Umgebung zu erkunden, Ressourcen zu sammeln und diese dann zu verarbeiten. Die Gruppe erlebt Abenteuer, Geschichten, die sich auch wegen der wirklich fantasievollen Illustration vor dem geistigen Auge abspielen und so im Austausch untereinander für ein sehr schönes Gruppenerlebnis sorgt.
Das Spiel ist dabei in eine Tag- und Nachtphase aufgeteilt. Tagsüber führen wir die o.g. Aktionen wie Erkunden, Ressourcen sammeln etc. und in der Nachtphase werden die Geschehnisse des Tages dann abgerechnet. Denn es geht in Paleo nicht etwas nur um das bloße Überleben. Nein, auch Missionen müssen erfüllt werden und nebenbei darf man auch nicht vergessen, seine Gruppe zu ernähren. Das mag auf den ersten Blick ein Berg an Aufgaben sein, die man im Blick haben muss, je öfter man jedoch gespielt hat, umso eher findet man auch zu einer Struktur in der Herangehensweise. Und durch genau diese Fortschritte kommt auch nach einem Scheitern kein Frust auf, wie man es vielleicht von anderen Spielen dieser Art kennt.
Durch die Rückseite der Aktionskarten kann man sein Risiko variieren. Mehr Risiko bei der Erkundung bedeutet aber nicht immer auch zwangsläufig mehr Ertrag. Denn sicher war in der Steinzeit nur eins: Nämlich, dass nichts sicher ist. Die Vorgehensweise, drei Karten zu ziehen, davon eine anhand des Motives auf der Rückseite auswählen zu können und die anderen in unveränderter Reihenfolge wieder zurückzulegen, hat den sehr interessanten Effekt, dass man irgendwann nicht mehr daran vorbeikommt, auch mal etwas Risiko eingehen zu müssen. Durch einfaches Durchwurschteln und dem Verwalten der Ressourcen kommt man also bei Paleo nicht zum Ziel.
Die Fähigkeiten der Gruppenmitglieder wie Wahrnehmung, Stärke und Geschick helfen dabei, Aufgaben zu erfüllen und da einige Aktionskarten gleich mehrere Optionen zur Auswahl haben, ist der Kommunikationsfaktor im Spiel hoch.
Wenn wir weiter oben von einer Tag- und einer Nachtphase gesprochen haben, dann bestimmen die Aktionskarten nicht nur, was wir an Fähigkeiten oder Gegenständen für die Erkundungen benötigen, der Aktionskartenstapel selbst steht für die Dauer eines Tages. Das bringt eine weitere spannende Entscheidungsoption ins Spiel, denn entscheiden wir uns zu oft für Aktionen, bei denen wir Karten abwerfen müssen, sind am Ende des Tages vielleicht gar nicht alle Aufgaben erfüllt worden oder es steht nicht genügend Nahrung für alle Mitglieder zur Verfügung. Da wartet der Friedhof schon auf unsere Lebensmarker.
Aufgaben können selbstverständlich auch zusammen erfüllt werden, was dazu führt, dass man trotz der kooperativen Grundausrichtung des Spiels immer auch als individueller Teil der Gruppe sieht. Das macht Paleo in meinen Augen besser als andere Spiele dieser Art.
Die Breite der Aktionsmöglichkeit ist bei Paleo beeindruckend. Menschen können sich unserer Gruppe anschließen, Träume führen dazu, neue Orte oder Tiere zu entdecken und Ideen helfen uns, uns als Gruppe weiterzuentwickeln.
Und damit wären wir auch schon bei dem Blickfang des Spiels. Die Werkbank. Ziehe wir eine Ideenkarte, so kann dieses Werkzeug aus den Ressourcen im Basislager hergestellt werden, falls wir auf unserer Aktionskarte über das entsprechende Symbol verfügen. Auch hier sind es im Laufe von einigen Partien einfach auch Erfahrungswerte, dass man ein Gefühl dafür bekommt, wann es besser ist, ein Werkzeug herzustellen oder wann man zunächst erst einmal andere Aktionen durchführt. Und auch hier fällt es positiv ins Gewicht, dass man sich bei Paleo mit den Erkenntnissen seine Gruppe mit jeder Partie weiterentwickelt.
Dass es nicht nur bei einer Partie bleibt, liegt daran, dass man das Spiel nicht nur mit fünf Siegpunkten gewinnen kann, sondern eben auch mit fünf Totenkopfmarkern scheitern kann. Paleo spielt sich aber trotz der Möglichkeit, scheitern zu können auf eine angenehme Art und Weise. Man nicht über die gesamte Spieldauer das Gefühl, dass das Scheitern nur eine Frage der Zeit ist.
Verschiedene Module, die man zu Leveln zusammenstellen kann, sorgen zudem dafür, dass man nach einem siegreichen Spiel nicht übermütig wird. Das Spiel selbst gibt dazu zwar einige Vorschläge vor, wie man die Module zu Leveln zusammenstellen kann, der eigenen Fantasie sind dabei jedoch keine Grenzen gesetzt und vielen schönen, spannenden Spielstunden steht nichts im Wege.
Hartmut Brand, Escape Room News Center
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