Foto: Benedikt Brüggenthies
Von Christian Schröter, 8. Februar 2023, Lesedauer 4 Minuten, 33 Sekunden
»KulturGüterBahnhof« Langenberg: auf dem Land spielt die Musik, Engagement des Monats Januar 2023, Engagementpreis NRW
In einer mit vielen ehrenamtlichen Helfern renovierten Lagerhalle im ostwestfälischen Langenberg stellt der Verein Musik Zehnerseit mehr als 5 Jahren ein abwechslungsreiches Kulturprogramm auf die Beine. Der komplett ehrenamtlich getragene »KulturGüterBahnhof« (KGB) ist unter anderem Veranstaltungsort für #Konzerte, #Lesungen, #Comedy #Auftritte und #Vorträge. Mit seinem erfolgreichen Bemühen, (Sub-)Kultur in den ländlichen Raum zu bringen, macht der Verein vor Ort und überregional auf sich aufmerksam.
Die alten Bahngleise des Anfang der 1980er Jahre stillgelegten Langenberger Bahnhofs liegen noch rund um das Gebäude, das einst der Stückgutaufbewahrung und später als Schlosserei und Tischlerei diente. Heute ist die ehemalige Lagerhalle die Spielstätte des Kulturvereins Musik Zehner Maximal 199 #Besucher fasst der Veranstaltungsraum im #Industrie #Look, den die Engagierten des Vereins mit großer Unterstützung der heimischen Bevölkerung und lokaler Unternehmen für Kulturveranstaltungen umgebaut haben. Holzdecken und Holzbalken und eine Spur Patina verleihen dem Gebäude einen eigenen alten Charme.
Engagement des Monats Januar 2023
Die Mitglieder des Anfang 2017 gegründeten Vereins Musik Zehner, in dessen Vorstand unter anderem ein Architekt, ein Gastronom, ein Labelgründer und eine Buchhändlerin vertreten sind, wurden während eines gemeinsamen Spaziergangs durch den Ort auf die ehemalige Lagerhalle aufmerksam. Zuvor hatten sie für erste Konzerte noch in befreundeten Gaststätten und Kneipen angefragt. »Wir sind gestartet mit dem Wunsch, #Live #Musik zu veranstalten. Im Mittelpunkt stand nicht die Frage, was in unserer – eher ländlich geprägten – Region fehlt. Wir wollten mit unserem Engagement einfach die Kulturszene bereichern und haben dafür einen tollen Ort gefunden«, blickt Michael Langewender, Vorstandsmitglied und Programmverantwortlicher, auf die Anfangszeit zurück. Ein Radlertreff und Tag der offenen Tür am 1. Mai 2017 war die erste Veranstaltung am »KulturGüterBahnhof« und verhalf dem Verein zu einem finanziellen Polster für die anstehenden Renovierungsarbeiten und zu vielen neuen interessierten Vereinsmitgliedern.
Seither finden im #KGB in jedem Monat durchschnittlich etwa 3 bis 4 Konzerte, Lesungen, Poetry Slams, Comedy Auftritte oder Kleinkunstveranstaltungen statt. Dabei stehen neben überregional bekannten Acts wie Thees Uhlmann oder Kapelle Petra auch regelmäßig weniger bekannte lokale oder internationale Gruppen auf der Bühne im rund 8.500 #Einwohner zählenden #Langenberg. Das Vorstandsteam ist sehr aktiv im Scouting von (Nachwuchs-)Künstlern – insbesondere im Bereich Musik. Interessante Bands früh entdecken und mit ihnen wachsen, ist der erfolgsversprechende Ansatz des Vereins. Immer wieder erreichen den Verein erfreute Mitteilungen von ehemaligen Langenbergern, die heute in größeren Städten leben, dass Sie den Namen ihres Heimatortes plötzlich in einer Reihe mit Hamburg Köln und Berlin auf Tourplakaten entdecken.
Unter den Gästen, die das Kulturprogramm des KGB genießen, finden sich regelmäßig Menschen, die spontan ihre Unterstützung für zukünftige Veranstaltungen und Aktionen anbieten (»Wenn ihr mal Hilfe braucht, meldet euch.«). Die Projektverantwortlichen greifen diese Angebote gerne auf: Rund 70 Engagierte aus dem Einzugsgebiet zwischen Bielefeld, Paderborn und Soest unterstützten die vielfältigen Live-Termine in wechselnden Besetzungen. Jeweils etwa 10 von ihnen bilden an den Veranstaltungstagen feste Teams und regeln unter anderem den Einlass, machen die Thekenarbeit, betreuen die Künstler und deren Merchandising oder kümmern sich um die Veranstaltungstechnik. Ohne diesen ehrenamtlichen Einsatz wäre das hohe Pensum an Veranstaltungen und die Etablierung des KulturGüterBahnhofs in der ostwestfälischen Kulturlandschaft nicht vorstellbar gewesen.
»Die Identifikation mit dem Verein vor Ort ist sensationell«, bekundet Michael Langewender, der zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern bei der Planung des Programms auf die Verwurzelung des Kulturprojektes in der Mitte der Dorfgemeinschaft achtet. »Wir möchten vermeiden, dass die Menschen in Langenberg denken: ›Da kommen die Bands aus aller Welt, aber was haben wir im Ort damit zu tun?‹« Mit Veranstaltungen wie einem Weihnachtssingen, dem Radlertreff oder Kneipenabenden steht der KGB der Langenberger Bevölkerung regelmäßig zu geselligen Anlässen offen und macht den geschichtsträchtigen Ort für alle erlebbar. Lokale Vereine, die Volkshochschule oder Impfteams haben die Räumlichkeiten in den letzten Jahren für ihre Aktivitäten angemietet. Musikgruppen aus dem Ort bietet der Verein Musik Zehner zudem immer wieder Auftrittsmöglichkeiten.
Der »professionelle Laienclub«, wie Michael Langewender den »KulturGüterBahnhof« scherzhaft bezeichnet, hat sich durch die gewissenhafte Vorbereitung des Programms, das sich mit denen von Clubs in größeren Städten messen lassen kann, einen guten Ruf unter den Kunstschaffenden erarbeitet und sein Betätigungsfeld stets erweitert. Seit der Pandemie gehören etwa auch einige Open-Air-Formate wie das »KGB Open Air«, bei dem neben #Rockbands und #Indiebands auch die Langenberger #Blaskapelle und der lokale Gospelchor Rejoice auf der #Bühne stehen, oder der »Sommer am See« in #Rietberg #Mastholte zum Portfolio. Übersteigt der Publikumszuspruch die Kapazitäten des »KulturGüterBahnhofs«
, werden einzelne Termine auch schon einmal in die Stadthalle im benachbarten Delbrück verlegt, wo bis zu 600 Besucher Platz finden.
Apropos Verlegung: Aufgrund von städtischen Planungen könnte der »KulturGüterBahnhof« an der angestammten Adresse bald Geschichte und der letzte Akkord verklungen sein. Das bisher als Gewerbegebiet deklarierte Areal soll in ein urbanes Gebiet mit Wohnbebauung umgewidmet werden. Da das preisgekrönte Projekt jedoch sowohl bei den Langenbergern als auch bei der Stadt auf große Sympathien stößt, gibt es bereits eine Perspektive für die Fortführung an einem neuen, nicht weit entfernten Standort. Sicherlich werden wieder viele der mittlerweile 270 Mitglieder des Vereins und weitere #Freunde und #Helfer mit anpacken, um den neuerlichen Aufbau des »KulturGüterBahnhofs« zu unterstützen.