Fotos: Christian Schröter, Luftbilder: Artvertise
Von Christian Schröter, 29. Juli 2024, Lesedauer 7 Minuten, 39 Sekunden
Botanischer Garten Gütersloh
Gütersloh, 29. Juni 2024
Korrekt müsste es der »Botanische Garten« heißen, aber »Der Botanische« klingt persönlicher. 1912 wurde er am nordöstlichen Rand des Stadtparks angelegt. Rund 170.000 Besucher pro Jahr belegen, dass nicht nur die Gütersloher ihr »Grünes Wohnzimmer« lieben. Der Botanische Garten Gütersloh spielt in der Top Liga unter den Parks und Gärten und gehört auf jeden Fall zu den schönsten in der Region. Die Mitgliedschaft im Europäischen Gartennetzwerk sorgt für internationale Aufmerksamkeit, sein Status als Denkmal ist Verpflichtung für eine überzeugende konzeptionelle Gestaltung und Pflege.
Der Gärtner und Gartenarchitekt Karl Rogge (1884 bis 1958) konzipierte den »Botanischen«, wie ihn die Gütersloher liebevoll nennen, als »Schaugarten«. Die Bewohner der expandierenden Stadt sollten etwas »fürs Auge« bekommen. Sie bekamen mehr – ein Fest für alle Sinne, ein Formen und Farbenspiel, das seinen Reiz aus der – gewollten – Spannung zwischen architektonischer Gestaltung, Raumbildung und Pflanzenvielfalt bezieht. So ist das bis heute geblieben, behutsam wurde erweitert und angepasst, das letzte Mal im vergangenen Jahr, nachdem #Bertelsmann Chefin Liz Mohn von den Mitarbeitern der Stiftung den »#Lavendelgarten« geschenkt bekam – ein Präsent, das nun der ganzen Stadt zu Gute kommt und eine direkte Verbindung zum Mediterranen Garten und der filigranen Glasfassade des Palmenhauscafés herstellt. Damit sind es insgesamt 8 Themengärten, die den Besucher in unterschiedlichste Stimmungen versetzen können – eine Gesamtkomposition aus Sinneseindrücken inklusive Froschkonzert, sich entfaltenden Seerosenblüten, samtenen Moosteppichen und irritierenden Aromen von über 100 Heilkräutern.
Kunst für feine Nasen
Der Künstler Olafur Eliasson ist weltweit für seine spektakulären Inszenierungen bekannt: Ausgefallene Ideen wie zum Beispiel »The Weather Project« – Wasserkaskaden in New York, die sich an verschiedenen Stellen, etwa von der Brooklyn Bridge aus in den East River ergießen – setzt der Däne auf seine Art um. Olafur Eliasson spielt mit Phänomenen der Natur – Licht, Wasser, Gerüche und deren Reflexionen stellt er in eine neue Dimension. Auch in Güterslohs Botanischen Garten hat das künstlerische Multitalent aus Dänemark seine Spuren hinterlassen: Im Rahmen des Expo Projektes »Garten Landschaft #OWL« hat Eliasson im Jahr 2000 einen »Geruchstunnel« entworfen. Die spezielle Anordnung der stark riechenden Pflanzen erzeugt ein einzigartiges Dufterlebnis. Seit 12 Jahren definieren sich die duftenden Pflanzen an dem transparenten 12 eckigen Stahlgerüst zu jeder Jahreszeit neu. Ein Geruchsspiel der besonderen Art, das niemals langweilig wird. An dem polierten Stahl ranken die schönsten Kletterpflanzen hoch und doch bleibt der Gesamteindruck der klaren Form erhalten.
Der »Tunnel« erweist sich als schmaler Laubengang mit einer Mittelinsel, auf deren Rund Besucher ebenfalls Duftkompositionen einatmen können, die sonst wohl eher selten nebeneinander zu finden sind. Denn Eliasson setzt mitnichten nur auf Kletterrosen und Lavendel. Sein »Gerüche Kosmos« umfasst Pflanzen, deren Namen allein schon wie Poesie klingen: Alyssum montanum, Convallaria majalis, Viola odorata oder Lilium candidium, Narcissus poeticus und Lonicera Japonica. Bevorzugt sind Sorten, die das ganze Jahr über blühen und natürlich duften. Das ist Kunst, die in der Nase kitzelt, die Sinne schärft und die begehbar ist. Kunst, die wächst und sich entwickelt und immer neue Facetten schafft – ein ausgeklügeltes Konzept von Objekt und Natur mit olfaktorischen Harmonien, geschaffen von einem Gegenwartskünstler.
Der 45 jährige dänische Künstler mit isländischer Herkunft hat heute sowohl einen Wohnsitz in Berlin wie auch in Kopenhagen. Schon während seines Kunststudiums an der Königlichen Dänischen Kunstakademie knüpfte er die ersten Kontakte nach Deutschland: Er stellte bei befreundeten Galeristen in Berlin aus und gelang wenige Jahre später an die Universität der Künste. Der Künstler hält seine Lehrveranstaltungen allerdings nicht an der Universität ab, sondern arbeitet mit den Studenten in seinen eigenen Räumlichkeiten: Eliasson betreibt ein Studio in einer alten Fabrikhalle, in dem er über 40 Mitarbeiter beschäftigt. Sie kümmern sich um die Umsetzung seiner künstlerischen Ideen.
Seine Kunstwerke sind prägend und meistens von tiefer Bedeutung. Unter anderem färbte Eliasson zahlreiche Flüsse an verschiedenen Orten der Welt mit ungiftigen Farbstoffen ein. Das Projekt »Green River« lief über einen Zeitraum von drei Jahren und weckte so die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Auch die Erstellung des Dufttunnels für den Botanischen Garten Gütersloh ist ein Meilenstein in seiner künstlerischen Laufbahn: Fünf Jahre später folgten große Projekte in Berlin und München. Neben einer außergewöhnlichen Treppe schuf er eine Glasfassade für die bayrische Staatsoper. In Frankfurt am Main hingegen setzte er mit ausgefallenen Lichtinstallationen neue Maßstäbe.
Seine vielfältigen Projekte rund um das Thema Natur finden zahlreich Anklang: Mit seinen Ausstellungen in Venedig, New York, London sowie in Karlsruhe, Hamburg, Wolfsburg, Berlin, München oder Frankfurt am Main hat er weltweites Ansehen erlangt. Das spiegelt sich auch in seinen zahlreichen Ehrungen wider. Bereits 1997 erhielt er den Bremer Kunstpreis, fünf Jahre später wurde der Künstler für den »Hugo Boss Price« nominiert. Im Jahr 2006 zeichneten ihn die Österreicher mit dem »Friedrich Kiesler Preis« aus.
Gartenschau
Egal, ob vom Fach, ob Blumenliebhaber oder Künstler, ob Hobbygärtner oder Naturfreund – der Botanische Garten bietet Anregungen für jeden Geschmack. Die verschiedenen Themengärten prägen das vielfältige Gesamtbild, das im Detail unterschiedlichste Aspekte beleuchtet. Während sich die Besucher im Geruchstunnel von Olafur Eliasson von ihrer Nase führen und bezaubern lassen können, erwartet sie im Apothekergarten die ganze Fülle naturheilkundlicher Pflanzen.
Für südliches Flair sorgen die Zitronenbäume und die zahlreichen exotischen Pflanzen in den Terrakottagefäßen, die der mediterrane Garten hinter dem Palmenhauscafé bietet. Sie stehen für das südliche Ambiente im »Botanischen« und laden zum Verweilen ein. Eine kurze Verschnaufpause bietet sich auch auf einer der zahlreichen Sitzgelegenheiten an: Insbesondere an heißen Sommertagen finden die Besucher in den Laubengängen ein schattiges Plätzchen. Die geometrisch geschnittenen Hainbuchenhecken erlauben Ausblicke in andere Gartenteile und erzeugen so immer wieder aufs Neue verschiedene Blickwinkel. Passend dazu korrespondieren im Steingarten die Blüten der Staudenpflanzen mit der Farbe des Gesteins. Alpenastern, Hungerblümchen oder niedrige Glockenblumen sind typisch für den Steingarten.
Bunt und üppig präsentiert sich das »Herz« des »Botanischen«, der Farbgarten. Dort blühen jeden Sommer unterschiedliche Pflanzen in voller Pracht. Die Beete rund um den Kugelahorn regen zum Ideensammeln für den eigenen Garten an. Der »Naturnahe Garten« schließlich sorgt mit seiner Teichanlage für Harmonie. Hier wachsen verschiedene Feuchtwiesenpflanzen und Gräser am Uferrand, in denen sich gerne Frösche, Teichhühner (und manchmal sogar Schildkröten) tummeln. Seit diesem Jahr gehört auch der »Lavendelgarten« zu den Besonderheiten der Anlage. Er schließt sich an den mediterranen Garten an und eröffnet für den Besucher von der Parkstraße her eine ganz neue Perspektive bis hin zum Palmenhauscafé.
Apothekergarten
Für die einen ist der #Apothekergarten ein wildromantischer Garten mit zahlreichen Heilkräutern, der schlichtweg durch seine Schönheit beeindruckt und sich in die Vielfalt des Botanischen Gartens optimal einreiht. Für andere Besucher hat der Arzneigarten allerdings einiges mehr zu bieten: Dort findet man natürliche Zutaten für ein gesundes Leben, deren heilpflanzliche Wirkungen zudem noch ausführlich an den zahlreichen Informationstafeln erklärt werden – ein attraktiver Ausflugsort für alle Heilkundigen und solche, die es noch werden wollen.
Der Apothekergarten Gütersloh entstand im Rahmen der Erweiterung des Botanischen Gartens und wurde im Sommer 1998 eröffnet. Auf der gut 2.000 Quadratmeter großen Fläche innerhalb des Sonnengartens erstrecken sich über 100 verschiedene Arzneipflanzen. Teufelskralle und Artischocke, Rosskastanie und echter Baldrian, Gelber Enzian und die exotische Kava Kava erzählen über ihre heilsamen Kräfte, aber auch die Mythen, die sich um ihre Wirkkraft gerankt haben. Dass dazu auch bekannte Küchenvertreter wie der Knoblauch und andere Kräuter gehören, ist nur ein Aspekt der Fülle von nützlichen Informationen, die sich um Gesundheit aus dem Garten der Natur drehen – dies alles in einer gestalteten Umgebung, in der sich die pflanzliche Vielfalt mit ihren Farbnuancen und natürlichen Strukturen zu einem wildromantischen Ganzen fügt.
Die Beete des Apothekergartens sind zudem in Themenbereiche aufgeteilt: Ein Sektor steht unter dem Titel »Arzneitees«, weitere Bereiche widmen sich alternativen Heilmethoden sowie der äußeren Anwendung von #Pflanzen. Unter dem Stichwort »Fertig Arzneimittel« werden Inhaltsstoffe und Wirkungsspektrum moderner Pflanzenpräparate vorgestellt. Ein Arzneigarten, der nicht nur begeistert, sondern zugleich auch belehrt – ein beliebter Ort für Besuchergruppen sowie für Fachleute. Darüber hinaus bietet der Förderverein Apothekergarten Gütersloh fachkundige Gartenführungen: Bis August erklären Apotheker den Besuchern sonntags fachkundig die Heilpflanzen. Treffpunkt zu den kostenlosen Führungen mit den Experten ist jeweils um 11 Uhr vor dem Eingang zum #Palmenhauscafé, Anmeldungen sind nicht erforderlich.
Original Content Botanischer Garten Gütersloh bei Gütsel Online …